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John Wick Hex

Traditionell kommt zu Weihnachten ja der Baba Yaga. Oder verwechsele ich da was? Und warum überhaupt der? Heißt es nicht die Baba Yaga? Egal. Der todbringende Baba Yaga aka Keanu Reeves im Film John Wick ist schon länger auch als Videospielfigur unterwegs, aber irgendwie konnte ich mich nie zu einem Kauf durchringen. Auch, weil die Meinungen im Netz stark auseinander gehen.

Jetzt, nach einmaligem Durchspielen und sogar mit Baba Yaga Ehrentitel (erstmal nur im ersten Level) bin ich sehr froh, den Titel doch noch gekauft zu haben. Die abstrakte Idee, einen der kurzweiligsten und actiongeladensten Filme als Strategietitel mit rundenbasierten Kämpfen umzusetzen ist schon auf der Schwelle zwischen Genie und Wahnsinn. Aber so abwegig ist die Idee gar nicht. Schnelle Reflexe werden im Kino ja seit John Woo gerne in Zeitlupe dargestellt, um deutlich zu machen, wieviel schneller die Protagonisten die Situation um sich herum analysieren und entsprechend handeln. Da macht es durchaus Sinn, das Ganze noch ein Stück weiter zu treiben: Die Zeit komplett anzuhalten.

Und so hat John Wick im fast gleichnamigen Videospiel freundlicherweise für jede Aktion unendlich Bedenkzeit. Trotzdem spielt Zeit hier die wichtigste Rolle. Ein weiterer Geniestreich. Am oberen Bildschirmrand der von schräg oben gezeigten Szenerie befindet sich nämlich eine Zeitleiste, die alle aktuellen Aktionen der Pro- und Antagonisten auf die Sekunde genau anzeigt. Jeder Schritt, den ich Wick gehen lasse, jede Parade, jeder Schlag und natürlich auch Schießen und Nachladen haben eine festgelegte Dauer, die mir bei der Auswahl angezeigt wird. Es gilt diese mit der Zeitleiste abzugleichen und so die Oberhand zu erlangen, ohne buchstäblich Schachmatt gesetzt zu werden.

Normalerweise verfalle ich bei rundenbasierten Kämpfen irgendwann immer in eine Art Trance, in der ich dazu neige, einfach nur noch gewohnten Rhythmen zu folgen. Nicht so in diesem Spiel. Vor jeder Handlung tue ich gut daran, die gesamte Umgebung nach neuen Gegnern abzusuchen und mir genau anzusehen, wo der nächste Angriff auf Wick ansteht, um diese Informationen dann in einen möglichst optimalen Gegenangriff umzuwandeln. Immer mit Blick auf die Zeitleiste. Sei nicht John Wick, sei in John Wicks Kopf nennt das Spiel das und ich liebe es.

Vor allem, weil unterm Strich alles noch richtig schöne John Wick Action ist: Gun Fu, also Handkantenschläge, Wurfgriffe und Schüsse aus nächster Nähe, eine Übermacht an Gegnern und die teilweise kunstvolle Umgebung der verbrecherischen High Society. Nur eben aufs Mindestmaß entschleunigt. Ich verstehe, wenn das die Erwartungen nicht erfüllt. Ich verstehe auch, wenn die vermeintlich stilvollen Rückblenden mit ihren kantigen Animationen eines abgeschlossenen Levels nicht den Geschmack vieler Spieler treffen. Oder die kleinen Flüchtigkeitsfehler, wie die fehlende Variation bei den Angriffsanimationen. Zum Beispiel, wenn John einen bereits am Boden liegenden Gegner mit der gleichen Bewegung angreift wie stehende. Aber ganz ehrlich ist das für mich meckern auf sehr hohem Niveau.

Für mich ist John Wick Hex einer der erfrischendsten Titel der letzten Zeit, und auch wenn ich mich für zu schlecht halte, in jedem Level den Rang mit dem in diesem Text viel zu sehr strapazierten Begriff Baba Yaga zu erspielen, freue ich mich schon darauf, es zumindest immer wieder mal zu versuchen.

Para Bellum, Mr. Wick. Para Bellum.

#spiel