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Old Henry

Die Geschichte ist so alt wie das Kino selbst, möchte ich meinen: Irgendwo möchte jemand mit einer wilden Vergangenheit seinen Lebensabend ruhig verbringen und dann prügelt man aus Versehen einen Gangstersohn ins Krankenhaus oder legt sich mit der falschen Gruppe im Bus an. John Wick und Nobody haben diese Art Film mit inflationärer Gewaltdarstellung in den letzten Jahren wieder gesellschaftsfähig gemacht. Old Henry schaltet zum Glück einen Gang runter. Ohne dabei weniger intensiv zu sein.

Und so toll Keanu Reeves und Bob Odenkirk sind, Tim Blake Nelson ist für mich unerreichbar und hat einen festen Platz in meinem Herzen, seit er George Clooney in O'Brother Where Art Thou? mit schauspielerischer Höchstleistung eine gegrillte Ratte am Lagerfeuer angeboten hat. Und weil niemand so schön texanisch spricht wie er. Da passt es ganz gut, dass die Geschichte hier in einen klassischen Western gebettet ist, der die raue Handschrift eines Unforgiven trägt.

Irgendwo im mittleren Westen der USA um die vorletzte Jahrhundertwende möchte Henry nämlich einfach Farmer sein. Mit Latzhose, Baumwollhemd, Hut und ungepflegtem Bart. Das Schicksal aber legt ihm einen halbtoten Desperado und eine Tasche Geld auf die Weide. Henry weiß, dass er es nicht nehmen sollte und wir als Zuschauer wissen, dass er es trotzdem tut.

Dass sich die Spirale der Gewalt in der Folge nur langsam zuspitzt und der Film trotzdem keine Längen hat, ist eine große Leistung. Stephen Dorff macht als Antagonist ebenfalls eine sehr gute Figur in einem verstörend männlichen Ensemble, dessen einzige imaginäre Frau tot auf einem Friedhof liegt.

Wir haben Old Henry im US iTunes Store geliehen und ich hoffe, dass er hier auch demnächst im Kino oder auf den Streamingdiensten aufschlägt. Es lohnt sich.

#film